118. Boston Marathon

Mein erster Wettkampf im fernen Ausland und dann gleich der Boston Marathon. Das Training war gut, die Vorbereitung lief hervorragend und somit waren die Ziele entsprechend hoch.

Ich wollte eine neue Bestzeit, und nicht wie beim Berlin Marathon – sondern ohne Trainingslager und ohne Höhe. Das heißt Laufen am Limit. Das heißt etwas riskieren. Und wer etwas riskiert, der kann auch verlieren. Aber nun von Beginn.

Ich startete in Wave 1 Coral 1. Gleich in der ersten Reihe nach der Elite. Und es begann gut. Das habe ich erwartet, denn es geht auch tendenziell bergab. Hin und wieder ein kleiner Hügel bergauf, aber die Geschwindigkeit stimmt. Ein Gruppe finde ich nicht. Ab und zu findet sich ein Mitläufer, eine Gruppe bildet sich nicht. Es wird ein einsames Rennen. Die Hügel erlauben kein gleichmäßiges Tempo und dadurch lösen sich kleine Gruppen immer wieder auf.

Die ersten 5km in 16:03min. Zu schnell? Ich fühle mich nicht zu schnell. 10km in 32:25min. Es läuft sehr gut. Ich renne jeden Kilometer deutlich unter 3:20min. Es macht Spaß. Zum Halbmarathon hin werde ich schon etwas langsamer, passiere ihn aber in 69:39min. Die Beine sind ein bisschen schwer. Das ist zu früh im Rennen. Vielleicht sind es die Hügel. Der ständige Rhythmuswechsel. Ich verliere aber nur ein paar Sekunden.
Bei Kilometer 25 wird das anders. Ein neuer Anstieg. Der ist langsam, aber ok, danach geht es wieder bergab und schneller. Allerdings bleibt das schneller jetzt aus. Die Beine wollen und können nicht mehr. Im Gegenteil 3:30, 3:40, 3:50min/km tauchen auf der Uhr auf. Es tut verdammt weh, physisch und mental. Ich verliere Sekunden pro Kilometer und kann mich nicht wehren. Ich muss mich jeden Kilometer neu motivieren. Bei Kilometer 30 bin ich noch auf Kurs, aber ich weiß ich kann nichts mehr zulegen. Nach 10 schweren Kilometern, bin ich froh auf die Stoppuhr drücken zu können. Aber nicht am Straßenrand, sondern im Ziel. 2:29:41h. Es lief anders als geplant. Aber wer nicht wagt, der nicht gewinnt.

War es ein Anfängerfehler? Eine Lektion die man lernen muss? Vielleicht. Dann sind aber auch die Profis Ryan Hall, Meb Keflezighi und Jason Hartmann ab und an noch Anfänger. Ryan und Jason erwischte es ähnlich wie mich. Meb hatte letztes Jahr in New York einen großen Einbruch. Das ist keine Ausrede, keine Rechtfertigung, nur ein Verweis, dass es jedem und immer wieder passieren kann und wird, denn es ist ein Marathon. Es war mein zweiter. Und ich ein „Greenhorn“ – doch was ich noch mitnehme: Ich lief wegen des sehr großen Gefälles zu Beginn auf 2:17h los, war beim Halbmarathon auf Bestzeitkurs und auch bei Kilometer 30 noch bei der Bestätigung des perfekten Marathons von Berlin. Wichtig für mich wird es sein, dass ich in Zukunft mit der Geschwindigkeit aufpasse und den ersten Teil wirklich im Korridor des Trainierten bleibe. Bei mir reichen schon 8 Sekunden und ich bin in einem anderen energetischem Bereich. Aber all diese Gedanken hatte ich bei den Kilometern 33, 34, 35 und so weiter nicht. Da war ich nur sauer, enttäuscht und Sinnlosigkeit machte sich breit. Denn wochenlanges Training verpufft einfach so. Heute – ein paar Tage später – sehe ich es schon anders: Es war eine tolle Reise, ein toller Marathon, es tat weh – und ich werde es beim dritten viel, viel besser machen!